Wir hätten so viel schöneres zu tun: Erneuter Aufruf zur aktiven kritischen Begleitung der verschwörungsideologischen Kundgebung am 30.05.2020

Treffpunkt: Erwin-Piscator-Haus

Uhrzeit: 14:00 Uhr

Ja, wir hätten sehr viel schöneres zu tun als schon wieder Samstags gegen Verschwörungsideologien, Antisemitismus [1] und Querfrontbestrebungen [2] zu demonstrieren. Aber unser gemeinsamer Protest zeigt Wirkung: Es werden beständig weniger Teilnehmer:innen, die auf die verschwörungsideologischen Kundgebungen kommen und sie trauen sich kaum noch, ihre Ideologien zu verbreiten. Ehrlich gesagt haben sie nach den Lockerungen auch kaum noch einen Grund dazu. Also lasst uns am Ball bleiben und lautstark Widerspruch artikulieren, damit sie in naher Zukunft ihre Kundgebungen nicht mehr anmelden. Hierfür finden wir es wichtig, lautstarken Gegenprotest mit verschiedenen anderen Aktionsformen zu verbinden, also werdet gerne kreativ und denkt euch Aktionen aus. Beispielsweise könnt ihr den hervorragenden Info-Flyer von Nationalismus ist keine Alternative zu den „Hygiene-Demos“ [3] ausdrucken und an umstehende Passant:innen verteilen.

In unserem letzten Aufruf haben wir begründet, warum es sich bei den Kundgebungsteilnehmer:innen der sog. „Hygiene-Demos“ in Marburg um Antidemokrat:innen handelt.[4] Nun ist die Maske endgültig gefallen: Ein:e Teilnehmer:in der Gegenproteste hat uns mitgeteilt, das ihm:ihr von einem verschwörungsideologischen Kundgebungsteilnehmer körperliche Gewalt angedroht wurde. Ein Ordner der Verschwöris und weitere Personen aus der Kundgebung haben direkt daneben gestanden und haben sich kein bisschen daran gestört. In der Vorwoche konnte auch beobachtet werden, wie Verschwöris Gegenprotestler:innen aktiv bedrängt haben. Wenn euch ähnliches passiert ist oder kommenden Samstag passiert, könnt ihr uns dies über unsere E-Mail-Adresse mitteilen (kein-frieden-mit-antisemiten@riseup.net). Ansonsten passt nächsten Samstag auf euch auf und bleibt möglichst zusammen!

Das Ziel der Aktion ist nicht, eine gewalttätige Eskalation herbeizuführen, also seit euch über eure Außenwirkung bewusst und kommt bunt. Achtet trotzdem darauf, euer Gesicht gut zu bedecken, um eine Ansteckungsgefahr für andere so weit wie möglich zu reduzieren. Da das Ziel ist, unseren Widerspruch zu Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Querfrontbildung laut und deutlich auszudrücken, sollte auch nicht auf agressives Verhalten von verschwurbelten Kundgebungsteilnehmer:innen eingegangen werden, wie es einige von ihnen in den letzten beiden Wochen an den Tag gelegt haben.

Uns ist das Dilemma bewusst, in der derzeitigen Pandemie zu politischen Aktionen dieser Form aufzurufen. Einerseits können wir das verbreitete Gedankengut nicht unwidersprochen lassen. Andererseits setzen wir uns und unsere Genoss:innen damit der Gefahr aus, an Covid-19 zu erkranken und daran mitzuwirken, dass der Virus sich wieder schneller verbreitet. Entscheidet euch bitte bewusst dazu, an dieser Aktion teilzunehmen und wenn ihr teilnehmt, achtet darauf mindestens 2 m Abstand zueinander zu halten.

Antidemokrat:innen den Raum nehmen!

Kein Frieden mit Antisemiten!

[1] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/05/10/querfront-ahoi/

[2] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/05/19/neonazis-auf-der-nicht-ohne-uns-kundgebung-vom-09-05-2020/

[3] https://www.nationalismusistkeinealternative.net/wp-content/uploads/2020/05/NIKA-Info.pdf

[4] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/05/21/erneuter-aufruf-zur-aktiven-kritischen-begleitung-der-verschworungsideologischen-kundgebung-am-23-05-2020/

Erneuter Aufruf zur aktiven kritischen Begleitung der verschwörungsideologischen Kundgebung am 23.05.2020

Treffpunkt: Elisabeth-Blochmann-Platz

Uhrzeit: 14:00 Uhr

Nachdem wir am 16.05.2020 gemeinsam unseren Widerspruch zu Verschwörungsideologien, Antisemitismus [2] und Querfrontbestrebungen [3] laut und erfolgreich ausgedrückt haben, rufen wir dazu auf, am nächsten Samstag, den 23.05.2020, wieder an Gegenprotesten teilzunehmen. Lasst uns alle zusammen den Teilnehmer:innen der sog. „Hygiene-Demo“ zeigen, dass für ihre kruden Ansichten kein Platz ist in unserer Stadtgesellschaft! Hierfür finden wir es wichtig, lautstarken Gegenprotest mit verschiedenen anderen Aktionsformen zu verbinden, also werdet gerne kreativ und denkt euch Aktionen aus. Beispielsweise könnt ihr den hervorragenden Info-Flyer von Nationalismus ist keine Alternative zu den „Hygiene-Demos“ [4] ausdrucken und an umstehende Passant:innen verteilen.

Dass unser Widerspruch notwendig ist, haben auch die Reaktionen der Kundgebungsteilnehmer:innen auf unseren Protest letzte Woche bewiesen. Dort haben sie sich selbst als Antidemokrat:innen entlarvt, da sie sich ein hartes Vorgehen der Polizei gegen unseren legitimen und friedlichen Gegenprotest gewünscht haben. Grundrechte gelten nur für sie und nur die, die in ihre eigene Agenda passen, demokratischer Widerspruch ist unerwünscht und soll ihrer Meinung nach möglichst autoritär unterbunden werden. Allerdings gehört unser Gegenprotest und Widerspruch ebenso zu einer Demokratie, wie ihr Recht, ihren wahnhaften Unsinn öffentlich zu verbreiten. Durch ihr Verhalten und ihre Aussagen ist deutlich geworden, dass sie das Einstehen für demokratische Grundrechte schamlos als Vorwand nutzen wollen, um ihre Verschwörungsideologien, ihren Antisemitismus (der übrigens nicht erst an der Rampe nach Auschwitz anfängt!) und ihre autoritären Sehnsüchte zu verschleiern.

Das Ziel der Aktion ist nicht, eine gewalttätige Eskalation herbeizuführen, also seit euch über eure Außenwirkung bewusst und kommt bunt. Achtet trotzdem darauf, euer Gesicht gut zu bedecken, um eine Ansteckungsgefahr für andere so weit wie möglich zu reduzieren. Da das Ziel ist, unseren Widerspruch zu Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Querfrontbildung laut und deutlich auszudrücken, sollte auch nicht auf agressives Verhalten von verschwurbelten Kundgebungsteilnehmer:innen eingegangen werden, wie es einige von ihnen letzte Woche an den Tag gelegt haben.

Uns ist das Dilemma bewusst, in der derzeitigen Pandemie zu politischen Aktionen dieser Form aufzurufen. Einerseits können wir das verbreitete Gedankengut nicht unwidersprochen lassen. Andererseits setzen wir uns und unsere Genoss:innen damit der Gefahr aus, an Covid-19 zu erkranken und daran mitzuwirken, dass der Virus sich wieder schneller verbreitet. Entscheidet euch bitte bewusst dazu, an dieser Aktion teilzunehmen und wenn ihr teilnehmt, achtet darauf mindestens 2 m Abstand zueinander zu halten.

Keine Bühne für Aluhüte!

Kein Frieden mit Antisemiten!

[1] Auch wenn die Kundgebung erst um 14:30 beginnt halten wir es für sinnvoll, sich schon früher zu treffen, um auf jeden Fall sich den Raum am Kundgebungsort nehmen zu können.

[2] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/05/10/querfront-ahoi/

[3] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/05/19/neonazis-auf-der-nicht-ohne-uns-kundgebung-vom-09-05-2020/

[4] https://www.nationalismusistkeinealternative.net/wp-content/uploads/2020/05/NIKA-Info.pdf

Neonazis auf der Nicht-ohne-Uns Kundgebung vom 09.05.2020

In Marburg sind Plakate aufgetaucht, auf denen Neonazis geoutet wurden, die auf der Kundgebung von Nicht-ohne-Uns am 09.05.2020 anwesend waren. Diese wollen wir euch nicht vorenthalten:

 

Laut diesen Outings waren neben zwei Unbekannten folgende Neonazis anwesend:

Tim Schmerer (Schwalm-Eder-Kreis)

– Seit März 2019 Beisitzer im Landesvorstand der Partei “Die Rechte” Hessen.

– Nahm am 11.10.2019 an einer Demonstration für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld teil.

– Beteiligte sich am Europawahlkampf, indem er antisemitische Wahlwerbung seiner Partei verbreitete.

Ulrich Meissner (Nordhessen)

– Bewegt sich in der Rechtsrockszene.

– Taucht z.B. in den Kundendaten vom Rechtsrockversand “Opos Records” auf.

Andreas Haldorn (Schwalm-Eder-Kreis)

– Bewegt sich in der Rechtsrockszene, z.B. bei Veranstaltungen in Themar.

– beteiligte sich am 16.02.2019 an einer Nazidemonstration der Partei “Der Dritte Weg” in Fulda.

 

Aufruf zur aktiven kritischen Begleitung der verschwörungsideologischen Kundgebung am Marktplatz am 16.05.2020

Treffpunkt: Marktplatz/Marburg

Uhrzeit: 15:00 Uhr

Wir rufen dazu auf, die verschwörungsideologische Kundgebung, die maßgeblich unter der Regie von Herrmann Ploppa stattfindet, aktiv kritisch zu begleiten und unseren Widerspruch deutlich zu machen. Über die verschwörungsideologischen und antisemitischen Ausfälle haben wir bereits an anderer Stelle berichtet.[1] Hinzu kommt nun, dass die Gefahr einer Querfrontbildung in Marburg seit der Nicht-ohne-Uns-Kundgebung am 09.05.2020 akut geworden ist, da mehrere Personen aus dem extrem rechten Spektrum anwesend waren, die an etwaigen neonazistischen Bandshirts und Tattoos unschwer zu erkennen waren. Gleichzeitig sind einige Redner der Kundgebung damit aufgefallen, dass sie betont haben, man müsse ja „mit allen reden“. Es wird Zeit, den Verschwörungsideolog:innen, Antisemit:innen und Querfrontler:innen in die Suppe zu spucken!

Es wird einen geschlossenen Block IN der Kundgebung geben, aus dem heraus lautstark Kritik und Widerspruch zu den Redebeiträgen kommen wird. Kommt deshalb bitte pünktlich, damit wir uns auf jeden Fall den Raum nehmen können. Hierdurch soll den anderen Kundgebungsteilnehmer:innen gezeigt werden, dass es Gegenwehr gibt und auch in Zukunft geben wird. Ihr erkennt uns an den Transparenten, die eine eindeutige Kritik an Verschwörungsideologien beinhalten.

Das Ziel der Aktion ist nicht, eine gewalttätige Eskalation herbeizuführen, also seit euch über eure Außenwirkung bewusst und kommt möglichst bunt.[2] Achtet trotzdem darauf, euer Gesicht gut zu bedecken, um eine Ansteckungsgefahr für andere so weit wie möglich zu reduzieren. Da das Ziel ist, unseren Widerspruch zu Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Querfrontbildung laut und deutlich auszudrücken, sollte auch nicht auf potentielle Aggressivität von verschwurbelten Kundgebungsteilnehmer:innen eingegangen werden.

Uns ist das Dilemma bewusst, in der derzeitigen Pandemie zu politischen Aktionen dieser Form aufzurufen. Einerseits können wir das verbreitete Gedankengut nicht unwidersprochen lassen. Andererseits setzen wir uns und unsere Genoss:innen damit der Gefahr aus, an Covid-19 zu erkranken und daran mitzuwirken, dass der Virus sich wieder schneller verbreitet. Entscheidet euch bitte bewusst dazu, an dieser Aktion teilzunehmen und wenn ihr teilnehmt, achtet darauf mindestens 2 m Abstand zueinander zu halten.

Kein Frieden mit Antisemiten!

Die Querfront in Marburg verhindern!

[1] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/05/10/querfront-ahoi/

[2] Es sollte klar sein, dass damit nicht gemeint ist, dass Linke selbst Schuld sind, wenn gewalttätig auf linken Protest reagiert wird. Aber ein Black-Block wirkt nach außen hin natürlich aggressiver, was daran mitwirken könnte, eine Eskalationsspirale weiter zu befördern und dass Argumente abgetan werden.

Querfront Ahoi?!

Mit Nicht-ohne-Uns und Widerstand2020 auf Verschwörungsabwegen

+++ Aktualiserung vom 09.05.2020+++

Nachdem auf der Kundgebung am 09.05.2020 mehrere Personen aus dem extrem rechten Spektrum anwesend waren, ergibt sich ein neues Bild in der sehr dynamischen Gemengelage. Eine Aktualisierung folgt in den nächsten Tagen.

Seit ca. zwei Wochen finden deutschlandweit Demonstrationen statt, die zu Beginn unter dem Namen „Hygiene- Demos“ bekannt wurden. Hier wird gegen die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie demonstriert. Doch statt Bedenken, Ängste und Kritik zu äußern und an einer Verbesserung der Situation interessiert zu sein, scheinen diese Demonstrationen vor allem eines zu befördern: Verunsicherung und Verschwörungsideologien. Zur ersten „Hygiene-Demo“ haben die Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand und die Nicht-ohne-uns-Kampagne aufgerufen.[1] Nun mischt außerdem noch eine weitere Organisation mit, die sich selbst als Partei versteht: Widerstand 2020. Bei den Demonstrationen in Berlin wurden, neben mindestens einem mehrfach vorbestraften Holocaustleugner, AfD-Mandatsträger und weitere extrem rechte Personen angetroffen.[2] Neben dem extrem rechten Klientel waren auch bekannte Verschwörungsideologen und linke Antisemit:innen auf den Berliner Demonstrationen. Hierbei handelt es sich zumeist um Verschwörungsideologen wie Ken Jebsen (KenFM),[3] Gerhard Wisnewski [4] und Berichterstatter:innen von verschwörungsideologischen YouTube-Kanälen wie NouViso [5] und Russia Today. Diese verbreiten schon seit Jahren verschwörungsideologische Narrative, sind als sogenannte “alternative Medien” doch recht bekannt und weisen, zum Teil, eine hohe Reichweite auf. Auf diesen Demonstrationen ist ein breit gefächertes politisches Spektrum zu beobachten. Doch was führt diese Menschen zusammen? Bestimmte ideologische Kerninhalte treten häufig und wiederholt bei den “Hygiene-Demos” von Organisator:innen, Redner:innen und Teilnehmer:innen auf. Zu den „klassischen“ Thesen gehören:
1. „Es gibt kein rechts oder links, dass ist nur erfunden worden, um uns zu spalten.“
2. „Kleine Cliquen bzw. Bill Gates zieht weltweit die Fäden, alles ist aus ihren Intrigen und ihrer Gier erklärbar.“
3. „Ihr werdet von allen belogen, nur von uns nicht. Wir sagen euch die reine Wahrheit.“
Hierunter versammelt sich eine, sich über das Internet koordinierende, antimoderne Volks-(Quer)front. Das verbindende Element ist ein von Grund auf strukturierendes Narrativ: Eine kleine Gruppe (Bill Gates), welche sich außerhalb jeglicher politischer Kontrolle befindet und nur in Hinterzimmern agiert, hat bestimmte egoistische Pläne (“Impfzwang” und “Reduzierung der Weltbevölkerung”) für die Menschheit und diese Gruppe will unter allen Umständen ihre Macht durchzusetzen. Die meisten Menschen sind dem ausgeliefert und wüssten nicht, was vor sich gehen würde, weil Medien (“Lügenpresse”), Regierungen (“Merkel-Diktatur”) und transnationale Organisationen (WHO) von diesen geheimen “Machteliten” kontrolliert werden. Die meisten Menschen (“Schlafschafe”) müssten aufgeklärt werden, damit sich alle gegen die “Machtelite” und deren Helfer wehren könnten, um die Welt zu einem besseren Platz zu machen. Ende gut, Alles gut.

Man kennt diese “Grund”geschichte. Dieses Narrativ ist nicht neu. Werden die Verschwörer mit dem Wort “Juden” ausgetauscht, landet man bei der antisemitischen Wahnvorstellung der “jüdischen Weltverschwörung” [6]. So transportieren die “Friedensbewegten” eine mörderische Ideologie. Bei den „Hygiene-Demos“ ist es vor allem die Geschichte von der „weltweiten Impfpflicht“, mit der das antisemitischen Grundnarrativ eingefärbt wird. Dadurch wird das Grundnarrativ anknüpfungsfähig für Impfgegner jeglicher Couleur: Von der esoterischen Bildungsbürgerin bis zum Verfechter der völkischen “Neuen Germanischen Medizin”[7], von meditierenden Hippies über Bauchlinke bis hin zu “Wutbürgern” und der extremen Rechten. Und sie alle vereinen sich unter einem antisemitischen Narrativ! Da Antisemitismus in Deutschland bekanntermaßen erst an der Rampe von Auschwitz anfängt und das Wort “israelkritisch” im Duden steht, ist es nicht verwunderlich, dass laut NDR die Anmelder der Demo in Berlin (oder Stuttgart und mit Sicherheit auch in anderen Städten) davon überzeugt sind, “mit Antisemiten und nationalistischen Holocaustleugnern nichts zu tun” zu haben.[8] Allerdings zeigen der Umgang mit extrem rechten und antisemitischen Personen, sowie die Inhalte der Redebeiträge auf den Demonstrationen auf, in welch “guter” alter deutscher Tradition hier agitiert wird, ob nun bewusst oder unbewusst.

Im Gegensatz zu den Demonstrationen in Berlin oder Stuttgart sind (bisher) noch keine extrem rechten Personen in Marburg aufgefallen. Auf der Demonstration von Nicht-ohne-Uns am Samstag, den 02.05 wurde sich recht deutlich von Neonazis und Rassismus abgegrenzt. Gleichzeitig scheint jedoch in vielen Aussagen der Redner:innen
Antisemitismus durch. Dies zeigt sich zum Beispiel in der auch in Marburg geäußerten Vermutung, dass mit den Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 getestet werden solle, wie weit mit der Einschränkung von Freiheitsrechten gegangen werden könne. Covid-19 sei hier demnach ein Mittel zum Zweck, die Menschen gefügig zu machen und sie unter die Kontrolle einer nicht näher bestimmten Macht zu bringen. Wer diese Fähigkeiten haben soll und aus welchen Motiven gehandelt wird, wurde an dieser Stelle natürlich nicht thematisiert. Denn sonst wäre es zu auffällig, wie hier mit antisemitischen Ressentiments, beispielsweise dem der “allmächtigen jüdischen Strippenzieher”, gespielt wird. Des Weiteren wurde auf den Samstagskundgebungen von Nicht-ohne-Uns, ganz in verschwörungsideologischer Manier, immer wieder betont, dass nur Fragen gestellt würden. Diese Fragen haben sich dann die selbsternannten Erwachten eigenständig auf der Kundgebung von Widerstand2020 am Mittwoch, den 06.05 beantwortet, und zwar mit den zur Zeit typischen Verschwörungstheorien um Bill Gates und Impfungen. Auch wenn eine unterschiedliche Radikalität auffällt, ist nicht zu übersehen, dass es bei beiden Kundgebungen nicht nur beim Großteil der Redner:innen personelle Überschneidungen gibt, sondern auch bei den Demoteilnehmer:innen selbst, auch wenn weniger Personen diese Kundgebung besucht haben. Redner:innen, die bei Nicht-ohne-uns noch gemäßigt aufgetreten sind, legten bei der Widerstand2020-Kundgebung plötzlich eine viel schärfere Rhetorik an den Tag. Hieraus ergibt sich aktuell das Bild, dass eine Aufgabenteilung vorliegen könnte: Nicht-ohne-uns soll im gemäßigten Ton Leute anziehen und politisieren, während bei Widerstand2020 scheinbar gefestigte Verschwörungsideolog:innen und Antisemit:innen zusammenrücken.

Einer der zentralen Akteure der Demonstrationen in Marburg ist Hermann Ploppa. Er ist bei der ersten „Hygiene- Demo“ am 25.04.2020 als Hauptredner aufgetreten und stand auch am 06.05.2020 bei der Widerstand2020-Kundgebung wieder tonangebend hinter dem Mikrofon. Es scheint, als wäre Ploppa der Initiator und Hauptorganisator in Marburg. In der Oberhessischen Presse wurde Hermann Ploppa klar dem verschwörungstheoretischen Spektrum zugeordnet, der „öfter bei KenFM auf(tritt)“.[9] Doch Ploppa ist nicht nur „mal“ bei KenFM gewesen, sondern schreibt auch Beiträge hierfür. Außerdem hielt er bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Der tiefe Staat-oder wer regiert den Westen?“ einen Vortrag zu transatlantischen Netzwerken, was ein
klassisches Thema von Verschwörungsideolog:innen ist. In seinem Buch „Hitlers amerikanische Lehrer“ stellt er die absurde und geschichtsrevisionistische These auf, dass die ideologischen Elemente des Nationalsozialismus aus den USA kommen würden. Dies passt in seine sonstigen Argumentationen, die vor Antiamerikanismus, Antisemitismus und Verschwörungsideologien nur so strotzen. Dies ließ sich auch bei den vergangenen Kundgebungen beobachten. Hermann Ploppa bewegt sich in einem Millieu, dass sich zwar als links und kapitalismuskritisch versteht, aber eben einen regressiven Antikapitalismus vertritt, der die Komplexität der kapitalistischen Gesellschaft nicht versteht. Stattdessen wird vereinfacht, personifiziert und der eigenen Logik folgend „die 1 Prozent“ und „die USA“ für alles Übel auf der Welt verantwortlich gemacht. Er bedient sich hier antisemitischer Stereotype, wie sie weiter oben bereits erläutert wurden. Ploppas Argumentation und seine politische Ausrichtung ist also typisch für den linken Flügel im aktuellen Stadium der „Hygiene-Demos“ und folgt den gleichen Erklärungsmustern.

Fest steht, dass es sich in Marburg mindestens um Verschwörungsideolog:innen und linke Antisemit:innen handelt, auch wenn diese sich selbst nicht so verorten wollen. Deshalb ist auch hier das Potential für eine Querfront vorhanden. Ob sich extrem Rechte noch anschließen werden, wie in anderen Städten, wird sich aber erst in der Zukunft zeigen. Doch selbst wenn sich Rechte hier nicht anschließen sollten, bergen diese Demonstrationen immer noch eine nicht zu unterschätzende Gefahr, da durch ihre Verbreitung von Antisemitismus der Nährboden für antisemitische Straf- und Gewalttaten, bis hin zu rechtem Terror wie in Halle, geliefert wird.

Wir bleiben dabei: Kein Frieden mit Antisemiten! Auch nicht, wenn sie links sind!

[1] vgl. https://jfda.de/blog/2020/04/21/dokumentation-und-analyse-der-hygienedemo-am-18-april-2020/
[2] vgl. https://www.rbb24.de/politik/thema/2020/coronavirus/beitraege_neu/2020/05/afd-corona-protest-hygiene-demo-berlin-.html
[3] Siehe: https://www.psiram.com/de/index.php/Ken_Jebsen
[4] Siehe: https://www.psiram.com/de/index.php/Gerhard_Wisnewski
[5] Siehe: https://www.psiram.com/de/index.php/NuoViso
[6] Siehe: https://www.psiram.com/de/index.php/Protokolle_der_Weisen_von_Zion
[7] Siehe: https://www.psiram.com/de/index.php/Germanische_Neue_Medizin
[8] vgl. https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Hygiene-Demo-in-Berlin-Juden-angeblich-Schuld-an-Corona,antisemitismus228.html und
https://www.jungewelt.de/artikel/377449.demos-in-stuttgart-rechtes-stelldichein.html
[9] vgl. https://www.op-marburg.de/Mehr/Videos/Demo-gegen-Corona-Einschraenkungen