Die Weichen in Richtung Querfront scheinen endgültig gestellt

Störung der Black Lives Matter Demo durch Frank M.

Bei der Black Lives Matter Kundgebung am Samstag, den 06.06.2020, haben zwei Personen diese gestört, indem über eine Box ein verschwörungsideologischer Beitrag von KenFM abgespielt wurde und es unpassende Zwischenrufe wie „Weg mit der Maskenpflicht!“ gab.[1] Eine dieser Personen war Frank M., auch bekannt als „der Unterhosen-Mann“, der einer der Hauptorganisatoren der sog. „Hygiene-Demos“ ist und die Website von Weiterdenken-Marburg betreut. Dies zeigt, wie geheuchelt die Abgrenzung von „Weiterdenken-Marburg“ gegen Rassismus ist,[2] wenn einer ihrer Hauptorganisatoren nichts besseres zu tun hat, als eine Gedenkdemo für den ermordeten Schwarzen George Floyd zu stören. Denn es gibt nichts respektloseres, als Betroffene von Rassismus in ihren Reden zu stören, in denen sie ihrer Wut und Trauer über die Ermordung Ausdruck verleihen und die vielen Spielarten des Rassismus in der weißen deutschen Mehrheitsgesellschaft anprangern. Wer so etwas tut oder so eine Person innerhalb seines Orga-Kreises akzeptiert, meint es nicht ernst mit seinem angeblichen „Antirassismus“, sondern instrumentalisiert diesen, um sich nach außen hin als „die Guten“ darstellen zu können.

Noch ein paar Worte zu Björn Z.

Da Björn Z. offensichtlich unsere Kritik nicht verstehen will, werden wir noch kurz auf seine „Rechtfertigung“ [3] eingehen: Wir haben niemals behauptet, dass Björn Z. ein Faschist sei, sondern belegt, dass er rechtsoffen ist, da er für den Orga-Kreis in Telegramgruppen mit extrem rechter Hegemonie mobilisiert.[4] Er hat offensichtlich keine Berührungsängste mit Faschist:innen und Reichsbürgern, dies belegt auch folgender Post von ihm, in dem er sagt, dass er „prinzipiell nichts gegen diese Leute“, also Reichsbürger (=Personen, die das Deutscher Kaiserreich wiederherstellen wollen bzw. der Meinung sind, dass dieses noch existieren würde), hat und die ruhig „ihr Ding“ machen sollen.

Das hier ist übrigens keine Kontaktschuld-These, sondern eine Querfrontstrategie. Denn Björns Antwort bezieht sich auf eine Veranstaltung von Reichsbürgern, die von Falko Böttcher geteilt wurde. Er kritisiert in seiner Antwort, dass diese Veranstaltung nur unnötig spalten würde und doch alle, auch Reichsbürger, aktuell lieber an den „Minimalzielen“ ihrer Bewegung arbeiten sollten. Das er diese Reichsbürger bis zu diesem Zeitpunkt als Teil ihrer „Bewegung“ gesehen hat, kann man an folgenden Sätzen erkennen: „Das genau bringt es nicht glaube ich. JETZT macht jedes Grüppchen seine eigene Agenda. Na toll.“ Er akzeptiert zwar die Spaltung, bewertet sie aber dennoch negativ, da sie „seine Bewegung“ schwächen könnte. Deshalb will er verhindern, dass es noch weitere Spaltungen gibt bzw. die Reichsbürger „seiner Bewegung“ die Substanz entziehen. Auch wenn sie nur an den „Minimalzielen“ mitarbeiten sollen, könnte die Gefahr einer solchen Strategie für die Demokratie nicht eindeutiger sein: „Ihr Ding“ ist nämlich nichts weniger, als die liberale Demokratie abzuschaffen und einen autoritären und faschistischen Staat zu errichten. Und dass mit fleißiger Schützenhilfe von Personen wie Björn Z., solange es ihren eigenen, vermeintlich edlen, Zielen dient, wie z.B. endlich keine Tischtennisbälle mehr desinfizieren zu müssen. Denn wer sich nicht nach rechts abgrenzt, sondern darauf beharrt, dass man auch mit Rechten zusammenarbeiten müsste, gibt der extremen Rechten die Chance, die eigene Bewegung zu vereinnahmen und geht konform damit, sie dabei zu unterstützen, die liberale Demokratie abzuschaffen.

In seiner Rechtfertigung schreibt er außerdem: „dass links= Gut und Rechts= böse für mich nicht mehr die Schubladen sind, in die ich Menschen stecken möchte.“ Wenn er diese „Schubladen“, wie er es nennt, nicht mehr anwenden möchte, dann kann er sich auch gar nicht nach rechts abgrenzen. Diese fehlende Abgrenzung nach rechts wird früher oder später dazu führen, von extrem rechten Kräften vereinnahmt zu werden, wie man es bei vielen Parteien oder Organisationen beobachten kann.

Björn ist nicht der einzige…

Ein Insider hat uns nach unserem letzten Artikel interne Mails aus dem Orga-Mailverteiler zugespielt, aus denen hervorgeht, dass Björn Z. nicht der einzige ist, dem eine Abgrenzung nach rechts zuwider ist.

In der ersten Mail behauptet jemand, dass ihm die „Böse Buben Germany“ Leute lieber sind, als Linke und fordert, solche Leute auf die Demo zu lassen, solange sie sich in seinen Augen benehmen würden. Bei der Person mit dem Böse-Buben-Germany-Shirt handelt es sich um Unbekannter 2, der zusammen mit identifizierten Neonazis auf einer „Hygiene-Demo“ unterwegs war. Es handelte sich bei der Gruppe nicht um irgendwelche „Bösen Buben“, sondern um knallharte Neonazis.[5] Wer sich von diesen nicht abgrenzt, es vielmehr noch total in Ordnung findet, wenn diese auf den eigenen Demos rumspringen, muss sich halt gefallen lassen, als „rechtsoffen“ bezeichnet zu werden. Nebenbei ist es vollkommen lächerlich, die friedlichen Gegendemonstrant:innen als „Schläger“ und „Linksfaschos“ zu bezeichnen, da zu keiner Zeit eine Gefährdung für die „Hygiene-Demonstrant:innen“ besteht. Gegenproteste, auch laute, sind durch die demokratische Verfassung Deutschlands geschützt, die sie vermeintlich wieder herstellen wollen. Daraus ein Feindbild zu basteln zeigt nur wieder, dass sie sich, ganz dem verschwörungsideologischen Freund/Feind-Schema nach, weiterhin als „die Guten“ fühlen wollen und „das Böse“ alle die seien, die ihnen widersprechen.

Die zweite Mail spiegelt eine klassische Meinung unter „Friedensbewegten“ und esoterischen Hippies wieder. Man möchte nicht gegen etwas sein, sondern für etwas und Schubladendenken wird abgelehnt, da wir ja alle eine Familie seien. Dabei wird das denkakrobatische Kunststück vollzogen, angeblich gegen „Wut und Hass“ zu sein und gleichzeitig Nazis nicht abzulehnen, obwohl diese mit ihrer menschenfeindlichen Ideologie der Ungleichwertigkeit für Hass stehen.

Es wird sich nur nach links abgegrenzt

Eine weitere Mail belegt, dass die einzige Abgrenzung die stattfindet, die nach links ist, indem antifaschistische Gegendemonstrant:innen als „Nazitrupps“ bezeichnet werden. Neben einer völligen Unkenntnis über historische Sachverhalte werden mit dieser Gleichsetzung die Verbrechen der historischen Nationalsozialisten relativiert und die Opfer des NS verhöhnt. Auf widerwärtigste Weise wird in dieser Mail versucht sich als Opfer zu stilisieren, das bald auf einer Stufe mit den Opfern der Shoah stünde. Gerade jemandem, der die Verlegung von Stolpersteinen initiiert hat, sollte dies alles bewusst sein. Aber dieser Umstand schützt ihn nicht davor, für seine ekelhaften Ausfälle kritisiert zu werden. Außerdem wird sich hier einem typischen Narrativ aus der extremen Rechten bedient, wonach Antifaschist:innen die neuen Faschist:innen wären. Auf diese Weise wird von der extremen Rechten versucht, die eigene menschenfeindliche Ideologie zu verschleiern und gleichzeitig richtigen Antifaschismus zu delegitimieren.

Schlussfolgerung

Eine antirassistische Demo stören, eine Querfrontstrategie fahren, in einer Neonazi-Telegramgruppen mobilisieren, Neonazis auf der eigenen Demo in Ordnung finden, den Nationalsozialismus relativieren und die Opfer des NS verhöhnen, sich nicht nach rechts, sondern nach links abgrenzen und gleichzeitig Verschwörungsideologien sowie Antisemitismus verbreiten: Insgesamt ergibt sich dadurch für uns das Bild, dass die Weichen von Weiterdenken-Marburg endgültig in Richtung Querfront gestellt sind. Auch wenn es noch Einzelpersonen innerhalb dieser Gruppierung geben mag, die diesen Kurs nicht tragen wollen, ist die Strategie der Hauptakteure eindeutig. Wie weit der Orga-Kreis noch gehen und wer sich durchsetzten wird, wird sich allerdings erst in den nächsten Wochen zeigen.

[1] https://www.op-marburg.de/Marburg/Keiner-waehlt-seine-Hautfarbe-aus

[2] https://weiterdenken-marburg.de/2020/06/07/abgrenzung-von-weiterdenken-marburg-zu-anderen-gruppierungen/

[3] https://weiterdenken-marburg.de/2020/06/08/pressemitteilung-zur-demo-am-30-05-2020-2/

[4] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/06/03/hygiene-demos-in-marburg-bunt-statt-braun-das-sieht-aber-anders-aus/

[5] https://keinfriedenmitantisemiten.noblogs.org/post/2020/05/19/neonazis-auf-der-nicht-ohne-uns-kundgebung-vom-09-05-2020/